Auch vor Erfurt war es stellenweise schwer, Verständnis und Interesse für unseren Sport zu wecken. Nach Erfurt ist der Schießsport in aller Munde, doch leider hat dies negative Auswirkungen, vor allem auf die "schwächsten" Glieder unserer Sportbewegung.
Viele Jugendliche sehen sich mit Vorwürfen konfrontiert, die zum großen Teil auf Unwissenheit und Vorurteilen beruhen.
Beispielhaft angeführt seien hier die Erfahrungen, die einige unserer Jugendlichen in ihrem Schulalltag erlebt haben. Lehrer, die als Pädagogen nicht nur einen großen erzieherischen Einfluss ausüben, sondern durch ihre Bewertung schulischer Leistungen auch die Lebenszukunft ihrer Zöglinge bestimmen, haben Schülern nahe gelegt, unseren Sport aufzugeben. In einzelnen Situationen stellte sich dies sogar als förmliche "Anordnung" dar. Dieses Vorgehen erzeugte, gerade wegen des Abhängigkeitsverhältnisses Lehrer-Schüler, bei den betroffenen Schützen enormen Druck. Eine angemessene Reaktion ist in einem solchen Fall natürlich schwer. Welche Alternativen hat man als junger Schüler schon.
Die Frage hierbei ist aber zunächst: Wozu denn Stellung nehmen? Zu Erfurt sicherlich nicht. Wir müssen uns in diesem Zusammenhang weder rechtfertigen noch Schuldgefühle haben, zumindest nicht mehr, als der Rest der Gesellschaft auch. Wozu also dann?
Die Grundfrage, die sich uns stellt ist: Warum werden wir Sportschützen im WSB/DSB und insbesondere unsere Jugendlichen in einem Atemzug genannt mit Amokläufern und Gewalttätern? Wieso werden wir in der Öffentlichkeit immer noch sehr häufig als Sportler in Anführungszeichen gesehen?
Hierfür gibt es viele Gründe. Hauptursache ist sicherlich, dass wir selbst bisher versäumt haben, uns als Sport klar zu definieren.
Warum sollten wir das tun? Der Fußball muss sich doch auch nicht rechtfertigen.
Nun, bei uns Schützen gibt es einige Faktoren, die auch wir selbst uns klar vor Augen halten müssen. Fußball existiert nur als Sport, geschossen hingegen wird beim Militär, bei der Polizei, bei den Jägern, in der kriminellen Szene und bei den Sportschützen. Allein diese Vielzahl von Bereichen, von denen das sportliche Schießen sicherlich der unbekannteste ist, lässt in den Köpfen der Öffentlichkeit eine Flut unterschiedlichster Bildern entstehen, wenn vom "Schießen" die Rede ist.
Selbst wenn es nur den Bereich des Sportschießens gäbe, würde dies das Gesamtbild nicht verändern. Mann wird mit einer Vielzahl von unterschiedlichen Organisationen konfrontiert, die sich alle Sportschützenverband nennen, jedoch vollkommen unterschiedliche Auffassungen darüber haben, was in ihr sportliches Programm gehört.
Der Deutsche Schützenbund mit rund 1,6 Mio. Mitgliedern ist der mit Abstand größte Verband für sportliches Schießen. Der zweitgrößte Bundesverband hat nur rund 30.000 Mitglieder.
Bundesweit gibt es eine Vielzahl solch kleiner Verbände, die alle ihre Form von Schießsport betreiben, darunter auch, nach unserer Meinung, kampfbetonte Formen. In der Öffentlichkeit werden diese Verbände und die Unterschiedlichkeit des angebotenen sportlichen Schießens verständlicherweise nicht differenziert gesehen. Wir selbst haben bisher ja auch nicht aktiv versucht, uns von bestimmten Erscheinungsformen abzugrenzen oder noch einfacher, unsere Definition von Sportschießen zu finden
Wenn wir dies jedoch nicht tun, könnte dafür die Politik sorgen. In dem neuen Waffengesetz ist ein erster Schritt dahin gemacht. Das Bundesverwaltungsamt soll nun die Kompetenzzentrale in der Frage der Anerkennung von Schießsportverbänden und, viel einschneidender; der Genehmigung von Sportordnungen sein. Dies ist ein Prozess, zu dem realistisch denkende Schützen rechtzeitig Stellung beziehen sollten. Wer den Kopf in den Sand steckt, darf sich später nicht über eine ungerechte Bevormundung beklagen.
Aus unserem Verständnis heraus definieren wir Sport, egal welcher Sportart, wie folgt:
"Zielgerichtete Steigerung des allgemeinen, körperlichen Wohlbefindens verbunden mit einer Steigerung der körperlichen und geistigen Fähigkeiten in Gemeinschaft mit anderen um sich in einem sportlich-fairen Vergleich zu messen."
Aus Sicht der Sportjugend des Westfälischen Schützenbundes kann der Schießsport auf drei einfache Pfeiler gesetzt werden:
Jede Anschlagsart aus dem olympischen und paralympischen Programm mit den dort verwendeten Kalibern bzw. den von der FITA zugelassenen Pfeilen verstehen wir als Schießsport, der leistungs- oder breitensportorientiert ausgeübt werden kann.
Den zweiten Eckpfeiler bilden die traditionell gewachsenen Disziplinen, z.B. das Armbrust- oder Vorderladerschießen. Sie stellen quasi das Fundament dar, aus dem sich die unseren Verband tragende Säule der olympischen Disziplinen entwickelt hat.
Der dritte Pfeiler wird durch das Auflageschießen gebildet, welches in den zuvor genannten Bereichen praktiziert wird. Es ist gerade aus Sicht der Jugend ideal zur Einführung in den Schießsport und lässt eine sportliche Betätigung bis ins hohe Alter zu.
Diese drei Eckpfeiler stellen die Tätigkeitsfelder dar, welche Schießsport im Sinne der Sportjugend des Westfälischen Schützenbundes verkörpern. Dieses Verständnis wollen wir klar nach außen dokumentieren und uns somit von allen anderen Extremen des (Sport-)Schießens abgrenzen.
Der Schießsportverein hat, wie alle anderen Sportvereine auch, einen Erziehungsauftrag. Gerade im Schießsport ist es uns sehr wichtig, das ethische Grundwerte und eine dementsprechende Lebenseinstellung vermittelt werden. Unser Ziel ist es, die Vermittlung dieser Werte mit in den Vordergrund unserer Ausbildung zu stellen um junge Mitarbeiter für diesen Bereich zusätzlich zu sensibilisieren. Auch wenn ein solches Werteverständnis im Sportverein selbstverständlich ist, sollten gerade wir Schützen dies offen nach außen kundtun und eventuell durch eine Verbandsleitlinie ‘Ethik und Sicherheit’ dokumentieren.
Was wir tun müssen, hört sich relativ einfach an:
Unseren Sport so definieren und gestalten, dass wir uns in Zukunft ebenso wenig für das, was wir tun rechtfertigen müssen, wie es die Fußballer tun.
Schaffen wir dies nicht, müssen wir uns nicht wundern , wenn Lehrer wie beschrieben vorgehen und Eltern ihre Kinder lieber zum Schwimmen als in den Schützenverein schicken.
Aus Sicht der Jugend ist diese Aufgabe von existentieller Bedeutung für unser Fortbestehen und aus diesem Grunde haben wir mit diesem Positionspapier einen ersten Schritt gemacht.